Thomas Gesterkamp, geboren am 25. November 1957 in Leverkusen, wuchs mit zwei Geschwistern im westfälischen Münster auf. Dort besuchte er die Grundschule und das Ratsgymnasium, wo er im Frühjahr 1976 Abitur machte. Als Schüler engagierte er sich im Jugendclub Courage gegen Aufrüstung und für das Recht auf Kriegsdienstverweigerung.
Im August 1976 begann er ein Freiwilliges Soziales Jahr in der Psychiatrischen Klinik Tilbeck. Anschließend leistete er auf einer Station der Universitäts-Kinderklinik Münster seinen Zivildienst. Ab Herbst 1978 studierte er zwei Semester Psychologie an der Universität Hamburg. Ein Jahr danach schrieb er sich an der Universität Münster in den Hauptfächern Pädagogik (Nebenfächer Soziologie und Psychologie) und Soziologie (Nebenfächer Pädagogik und Publizistik) ein.
Im Studium spezialisierte er sich auf den Schwerpunkt Erwachsenenbildung. Praxiserfahrungen sammelte er in Bildungsurlauben mit VW-Arbeitern in Niedersachsen sowie in Seminaren der Industriegewerkschaft Metall in Nordrhein-Westfalen. Die 1983 vorgelegte Abschlussarbeit am Fachbereich Erziehungswissenschaften-Publizistik-Soziologie trug den Titel “Möglichkeiten und Grenzen der Bewusstseinsveränderung durch Arbeiterbildung - am Beispiel der Diskussion um die Konzeption des ‘exemplarischen Lernens’ in der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit”.
Parallel zur Hochschulausbildung wirkte er in publizistischen Projekten mit. Ab Herbst 1979 war er Mitarbeiter der taz-Initiative Münster, die sich wie in anderen Städten zum Ziel gesetzt hatte, die zwei Jahre zuvor in Berlin gegründete Tageszeitung mit journalistischen Beiträgen und im Vertrieb zu unterstützen. 1980 wurde er Redaktionsmitglied der alternativen Stadtzeitung Knipperdolling, benannt nach einem der niederländischen “Wiedertäufer”, die im 16. Jahrhundert als sozialrevolutionäre Bewegung gegen die Herrschaft von Feudaladel und Kirche in Münster opponierten.
Im Herbst 1981 fusionierte der Knipperdolling mit dem Veranstaltungskalender Ultimo zum Stadtblatt, das bis 1994 als monatlich, zeitweise auch 14-täglich erscheinendes Magazin eine “Gegenöffentlichkeit” zur etablierten Lokalpresse herstellen wollte. Thomas Gesterkamp lieferte von 1979 bis 1986 fast 400 Texte für das Stadtblatt und dessen Vorgängerzeitschrift, überwiegend zu kommunal- und gewerkschaftspolitischen Themen. Zu seinen damaligen Kollegen gehörten Dieter Schnack und Rainer Neutzling, später Autoren bekannter Männerbücher (“Kleine Helden in Not”, “Die Prinzenrolle”), der Cartoon-Zeichner Burkhard Fritsche und der Krimiautor Jürgen Kehrer, Erfinder der Figur des vom ZDF verfilmten Privatdetektivs Wilsberg. Beim Stadtblatt lernte er auch die Journalistin und Moderatorin Cornelia Benninghoven kennen, seine langjährige Lebensgefährtin, Ehefrau und Mutter seiner Tochter.
Der satirische Stadtblatt-Beitrag “Nichts als Blumen für die Damen” aus dem Herbst 1984, in dem er die merkwürdigen Rituale bei der Amtseinführung des damaligen Münsteraner Oberbürgermeisters Jörg Twenhöven karikierte, bescherte Gesterkamp im Januar 1985 eine Personalie in der Illustrierten Stern. Hintergrund der Provinzposse: Ein übereifriger, in religiösen Fragen empfindlicher Staatsanwalt witterte “Gotteslästerung” und zeigte ein Offizialdelikt an: Gesterkamp habe das überdimensionierte Holzkreuz, das feierlich in den Ratssaal getragen wurde, als “christlichen Fetisch” bezeichnet. Die Gerichtsverhandlung, die eher einem Polit-Happening ähnelte, endete mit einem Freispruch für den Autor wie für den presserechtlich Verantwortlichen.
Nach dem Universitätsexamen arbeitete er knapp zwei Jahre als festangestellter Redakteur beim Stadtblatt. 1985 machte er als sich als Journalist selbstständig, schrieb für Zeitungen und Zeitschriften, lieferte Beiträge für das WDR-Landesstudio Münster sowie für andere öffentlich-rechtliche Sender. Im April 1986 ging er nach Köln und gründete mit vier Kolleg:innen das Journalistenbüro punktum, dem er bis zum Jahr 2000 angehörte. Den Schwerpunkt seiner Arbeit bildeten zu dieser Zeit Berichte aus der Wirtschafts- und Sozialpolitik. Daneben war er in der Weiterbildung tätig, unter anderem für das Journalistenzentrum Haus Busch, für die Evangelische Medienakademie sowie für die Berufsverbände Deutsche Journalistenunion (dju) und Deutscher Journalistenverband (DJV). Für einen Text über die Wirkungsweise der europäischen Strukturfonds erhielt er 1994 im Brüsseler EU-Parlament den Pressepreis des Europäischen Gewerkschaftsbundes.
Der Autor und Publizist hat insgesamt über 4000 Beiträge veröffentlicht, darunter rund 1100 für die Hörfunksender der ARD, zudem zahlreiche Texte, Kommentare und Essays für Tages- und Wochenzeitungen, in Sammelbänden, Magazinen und Fachzeitschriften. Auf der Basis umfangreicher Recherchen zum Thema Arbeitszeit sowie eigener Erfahrungen als Vater erschien 1996 das Buch “Hauptsache Arbeit? Männer zwischen Beruf und Familie” (Rowohlt, Neuauflage als Taschenbuch 1998), das er gemeinsam mit seinem im Jahr 2000 verstorbenen Kollegen Dieter Schnack verfasste.
Thomas Gesterkamp hat über 700 öffentliche Auftritte zu geschlechter-, familien- und männnerpolitischen Themen absolviert. Vorträge, Podien, Talkshows und Moderationen führten ihn in nahezu alle Großstädte und Landkreise Deutschlands, immer wieder auch nach Österreich und in die Schweiz, sowie nach Belgien, Luxemburg, Frankreich, Italien, Polen, Bulgarien, Russland und in die Niederlande. In “gutesleben.de - Die neue Balance von Arbeit und Liebe “ (Klett Cotta 2002) skizziierte er die Suche nach einem Gleichgewicht zwischen Beruf und Privatleben in einer “entgrenzten” digitalen Ökonomie. 2004 promovierte er an der Universität Köln im Fach Politikwissenschaft über “Männliche Arbeits- und Lebensstile in der
Informationsgesellschaft”. Das Buch “Die Krise der Kerle” (Lit Verlag, Neuauflage 2007) dokumentiert die Dissertation in einer überarbeiteten und erweiterten Form.
Als nächstes erschien “Die neuen Väter zwischen Kind und Karriere” (Herder 2007, Neuauflage Verlag Barbara Budrich 2010), das sich als Fortschreibung und Aktualisierung von “Hauptsache Arbeit?” versteht.
Im März 2010 veröffentlichte der Autor in der Reihe WISO-Diskurs der Friedrich-Ebert-Stiftung die Expertise “Geschlechterkampf von rechts - Wie sich Männerrechtler und Familienfundamentalisten gegen das Feindbild Feminismus radikalisieren”. Die Recherche löste kontroverse Debatten, teilweise auch persönliche Anfeindungen im Internet aus. Der Versuch des Vereins MannDat, gegen den Verfasser eine Klage auf Unterlassung anzustrengen, scheiterte im Februar 2013 vor dem Kölner Landgericht. 2021 vertiefte er seine Recherchen zum Thema Maskulinismus gemeinsam mit einem Autor:innenteam. In der Publikation “Antifeminismus auf dem Weg durch die Institutionen” der Heinrich-Böll-Stiftung geht es vor allem um die Strategien von Väterrechtlern.
Thomas Gesterkamp plädiert für eine eigenständige Männerpolitik “Jenseits von Feminismus und Antifeminismus” (Springer VS 2014). Neben Vorträgen, Moderationen und der Teilnahme an öffentlichen Podien arbeitet er weiterhin für den Hörfunk, für Zeitungen und Zeitschriften sowie in der Weiterbildung. Er lehrte an Hochschulen zu den Themen Arbeitsmarkt, Sozialstaat, Familienpolitik und Gender. Ehrenamtlich engagierte er sich viele Jahre lang beim Männer-Väter-Forum, Köln und beim Forum Männer in Theorie und Praxis der Geschlechterverhältnisse, Berlin. Zudem war er Mitbegründer des Väter-Experten-Netz Deutschland (VEND).